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Weihnachtsgedichte klassischer Autoren

Klassische Gedichte zur Advents- und Weihnachtszeit

Weihnachtsengel mit Schlitten
Bild: Bild: annca / pixabay.com

Nach Hause kommen, das ist es,
was das Kind von Bethlehem
allen schenken will, die weinen,
wachen und wandern auf dieser Erde.

Friedrich v. Bodelschwingh (1831-1910), ev. Pastor und Theologe


Weihnachtsgedichte klassischer Autoren von A - Z

Advent
Theodor Fontane

Advent
Eva von Tiele Winckler

Advent
Ernst Wiechert

Advent
Alfred Karl Röttger

Am heiligen Abend
Moritz Gottlieb Saphir

Am heiligen Abend
Karl von Gerok

Ans Christkind
Heinrich Federer

Bescherung
Hanns von Gumppenberg

Christbaum
Peter Cornelius

Christbaumnüsse
Hanns von Gumppenberg

Christkind im Walde
Ernst von Wildenbruch

Christkinds getreuer Knecht
Emil Weber

Christnacht
Emis Peschkau 

Das Weihnachtsbäumlein
Christian Morgenstern

Der Christbaum
Karl Rudolf Hagenbach

Der kleine Nimmersatt
Heinrich Seidel

Der Weihnachtsbaum
Heinrich Seidel

Der Weihnachtsbaum
Ernst Moritz Arndt

Der Weihnachtsbaum
Robert Reinick

Die Tage sind so dunkel
Max von Schenkendorf

Die Weihnachtsbäume
Gustav Falke

Die Weihnachtsglocken
Karl Ernst Knodt

Die weiße Weihnachtsrose
Hermann von Lingg

Ein Tännlein aus dem Walde
Albert Sergel

Es ist Advent
Friedrich Wilhelm Kritzinger

Freundliche Mahnung
Julius Sturm

Friede auf Erden
Johannes Brassel

Groß-Stadt-Weihnachten
Kurt Tucholsky

Heilige Nacht
Leon Vandersee

Heiliger Morgen
Otto Ernst

In der Christnacht
Ottokar Kernstock

Nun wandelt auf verschneiten Wegen
Victor Blüthgen

O heiliger Abend
Karl Friedrich von Gerok

Verse zum Advent
Theodor Fontane

Vom Honigkuchenmann
Hoffmann von Fallersleben

Vor Weihnachten
Albert Sergel

Weihnacht
Ludwig Anzengruber

Weihnacht
Hans Brüggemann

Weihnacht
Emanuel Geibel

Weihnacht
Anna Ritter

Weihnacht
Julius Sturm

Weihnachten
Adelheid Humperdinck-Wette

Weihnachten
Kurt Tucholsky

Weihnachtsabend
Theodor Storm

Weihnachtsabend
Sigmund Schott

Weihnachtsfülle
Gustav Schüler

Weihnachtsgedicht
Hermann von Lingg

Weihnachtsglocken
Karl Stieler

Weihnachtsglocken
Richard Dehmel

Weihnachtsglocken
Johann Nepumuk Vogl

Weihnachtslegende
Alice Freiin von Gaudy

Weihnachtslied
Johannes Brassel

Weihnachtslied
Theodor Storm

Weihnachtslied
Julius Sturm

Weihnachtslied
Helene Branco

Weihnachtslied
Marx Möller

Weihnachtslied
Johannes Trojan

Weihnachtslied
Ernst Rauscher von Stainberg

Weihnachtsschnee
Paula Dehmel

Weihnachtsstimmen
Rudolf Bunge

Weihnachtszeit
Friedrich Stolze

Wer tut´s?
Johannes Trojan

 

 


Theodor Fontane (1819-1898)
Verse zum Advent

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
Aber als Knecht Ruprecht schon
Kommt der Winter hergeschritten,
Und alsbald aus Schnees Mitten
Klingt des Schlittenglöckleins Ton.

Und was jüngst noch, fern und nah,
Bunt auf uns herniedersah,
Weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
Und das Jahr geht auf die Neige,
Und das schönste Fest ist da.

Tag du der Geburt des Herrn,
Heute bist du uns noch fern,
Aber Tannen, Engel, Fahnen
Lassen uns den Tag schon ahnen,
Und wir sehen schon den Stern.

Quelle: http://www.textquellen.de

Hermann von Lingg (1820-1905)
Die weiße Weihnachtsrose

Wenn über Wege tief beschneit,
Der Schlitten lustig rennt,
Im Spätjahr in der Dämmerzeit
Die Wochen im Advent,
Wenn aus dem Schnee das junge Reh
Sich Kräuter sucht und Moose:
Blüht unverdorrt im Frost noch fort
Die weiße Weihnachtsrose.

Kein Blümchen sonst auf weiter Flur;
In ihrem Dornenkleid
Nur sie, die niedre Distel nur
Trotzt allem Winterleid;
Das macht, sie will erwarten still,
Bis sich die Sonne wendet,
Damit sie weiß, daß Schnee und Eis
Auch diesmal wieder endet.

Doch ist’s geschehn, nimmt fühlbar kaum
Der Nächte Dunkel ab,
Dann sinkt mit einem Hoffnungstraum
Auch sie zurück in‘s Grab.
Nun schläft sie gern; sie hat von fern
Des Frühlings Gruß vernommen,
Und o wie bald wird glanzumwallt
Er sie zu wecken kommen!


Weihnachtsdeko mit Wichteln und Kerze
Bild: Oldiefan / pixabay.com

Theodor Storm (1817-1888)
Weihnachtsabend

Die fremde Stadt durchschritt ich sorgenvoll,
der Kinder denkend, die ich ließ zu Haus.
Weihnachten war’s, durch alle Gassen scholl
der Kinderjubel und des Markts Gebraus.

Und wie der Menschenstrom mich fort gespült,
drang mir ein heiser Stimmlein in das Ohr:
"Kauft, lieber Herr!" Ein magres Händchen hielt
feilbietend mir ein ärmlich Spielzeug vor.

Ich schrak empor, und beim Laternenschein
sah ich ein bleiches Kinderangesicht;
wes Alters und Geschlecht es mochte sein,
erkannt’ ich im Vorübertreiben nicht.

Nur vor dem Treppenstein, darauf es saß,
noch immer hört’ ich, mühsam, wie es schien:
"Kauft, lieber Herr!" den Ruf ohn’ Unterlass;
doch hat wohl keiner ihm Gehör verliehn.

Und ich? War’s Ungeschick, war es die Scham,
am Weg zu handeln mit dem Bettelkind?
Eh’ meine Hand zu meiner Börse kam,
verscholl das Stimmlein hinter mir im Wind.

Doch als ich endlich war mit mir allein,
erfasste mich die Angst im Herzen so,
als säß’ mein eigen Kind auf jenem Stein
und schrie nach Brot, indessen ich entfloh.

*Quelle: weihnachtsgedichte.de

Theodor Storm (1817-1888)
Weihnachtslied

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht. 

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstiller Herrlichkeit.

Ein frommer Zauber hält mich wieder,
Anbetend, staunend muß ich stehn;
Es sinkt auf meine Augenlider
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl’s, ein Wunder ist geschehn.


Weihnachtsabend Beleuchtetes Haus und Weihnachtsstern
Bild: geralt / pixabay.com

Moritz Gottlieb Saphir (1795-1858)
Am Heiligen Abend

Der Tag verschließt
die reiche Farbenquelle
und Dämmerung macht dem Heiligen Abend Raum.
Ein milder Streif
aus rosenroter Helle
fasst fern die Berge ein
in purpur Saum.
Die Nacht,
sie breitet ihren weichen Schleier
rings um die Erd,
wie um ein schlafend Kind.
Und wie ein Priester geht
zu hoher Tempelfeier
so schreitet still der Mond
durch Nacht und Wind.
Auf Erden auch
da glühen tausend Herzen
und bunte Lichter brennen überall.
Und Liebe strömet aus den offenen Herzen,
vergessen ist des Lebens Kampf und Qual.
Vergessen sind die Tränen grauer Stunden,
vergessen Krankheit, Sorge bittere Not.
Das Kind des Himmels
hat den Weg zu uns gefunden
und mit ihm kam
das neue Morgenrot.
Geh nie von uns
und mach uns stark für alles.
Für alles,
ob in Krankheit, Leid und Schmerz.
Mög uns das Kind des Himmels
Frieden schenken
und trösten
manch gequältes Menschenherz.

Karl Friedrich von Gerok (1815-1890)
O heiliger Abend

O heiliger Abend,
mit Sternen besät,
wie lieblich und labend
dein Hauch mich umweht!
Vom Kindergetümmel,
vom Lichtergewimmel
auf schau ich zum Himmel
im leisen Gebet.

Da funkelt's von Sternen
am himmlischen Saum,
da jauchzt es vom fernen,
unendlichen Raum.
Es singen mit Schalle
die Engelein alle,
ich lausche dem Halle,
mir klingt's wie ein Traum.

O Erde, du kleine,
du dämmernder Stern,
dir gleichet doch keine
der Welten von fern!
So schmählich verloren,
so selig erkoren,
auf dir ist geboren
die Klarheit des Herrn!


Heinrich Seidel (1842-1906)
Der Weihnachtsbaum

Schön ist im Frühling die blühende Linde,
bienendurchsummt und rauschend im Winde,
hold von lieblichen Düften umweht.

Schön ist im Sommer die ragende Eiche,
die riesenhafte, titanengleiche,
die da in Wettern und Stürmen besteht.

Schön ist im Herbste des Apfelbaums Krone,
die sich dem fleißigen Pfleger zum Lohne
beugt von goldener Früchte Pracht.

Aber noch schöner weiß ich ein Bäumchen,
das gar so lieblich ins ärmlichste Räumchen
strahlt in der eisigen Winternacht.
Keiner kann mir ein schöneres zeigen:
Lichter blinken in seinen Zweigen,
goldene Äpfel in seinem Geist,
und mit schimmernden Sternen und Kränzen
sieht man ihn leuchten, sieht man ihn glänzen
anmutsvoll zum lieblichsten Fest.

Von seinen Zweigen ein träumerisch Düften
weihrauchwolkig weht in den Lüften,
füllet mit süßer Ahnung den Raum!

Dieser will uns am besten gefallen,
ihn verehren wir jauchzend vor allen,
ihn, den herrlichen Weihnachtsbaum!

Peter Cornelius (1824 - 1874)
Christbaum

Wie schön geschmückt der festliche Raum!
Die Lichter funkeln am Weihnachtsbaum!
O fröhliche Zeit! O seliger Traum!

Die Mutter sitzt in der Kinder Kreis;
nun schweiget alles auf ihr Geheiß:
sie singet des Christkinds Lob und Preis.

Und rings, vom Weihnachtsbaum erhellt,
ist schön in Bildern aufgestellt
des heiligen Buches Palmenwelt.

Die Kinder schauen der Bilder Pracht,
und haben wohl des Singen acht,
das tönt so süß in der Weihenacht!

O glücklicher Kreis im festlichen Raum!
O goldne Lichter am Weihnachtsbaum!
O fröhliche Zeit! O seliger Traum!

*Quelle: weihnachten.tagesspiegel.de


Adventsschale
Bild: cocoparisienne / pixabay.com

Kurt Tucholsky (1890 - 1935)
Groß-Stadt-Weihnachten

Nun senkt sich wieder auf die heim’schen Fluren
die Weihenacht! die Weihenacht!
Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,
wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.

Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?
Die Braut kramt schämig in dem Portemonnaie.
Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,
den Aschenbecher aus Emalch glase.

Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschen
auf einen stillen heiligen Grammophon.
Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschen
den Schlips, die Puppe und das Lexikohn.

Und sitzt der wackre Bürger bei den Seinen,
voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,
dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:
“Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!”

Und frohgelaunt spricht er vom ‘Weihnachtswetter’,
mag es nun regnen oder mag es schnein.
Jovial und schmauchend liest er seine Morgenblätter,
die trächtig sind von süßen Plauderein.

So trifft denn nur auf eitel Gück hienieden
in dieser Residenz Christkindleins Flug?
Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden…
“Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug.”

*Quelle: https://tucholsky.de/gedichte/

Ernst von Wildenbruch (1845 - 1909)
Christkind im Walde

Christkind kam in den Winterwald,
der Schnee war weiß, der Schnee war kalt.
Doch als das heil’ge Kind erschien,
fing’s an, im Winterwald zu blühn.

Christkindlein trat zum Apfelbaum,
erweckt ihn aus dem Wintertraum.
„Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart,
schenk Äpfel mir von aller Art!“

Der Apfelbaum, er rüttelt sich,
der Apfelbaum, er schüttelt sich.
Da regnet’s Äpfel ringsumher;
Christkindlein’s Taschen wurden schwer.

Die süßen Früchte alle nahm’s,
und so zu den Menschen kam’s.
Nun, holde Mäulchen, kommt, verzehrt,
was euch Christkindlein hat beschert!


Hans Brüggemann (1480-1540)
Weihnacht

Wenn in des Jahres Lauf, dem allzeit gleichen,
auf leisen Schwingen sich die Christnacht naht,
wenn Erd' und Himmel sich die Hände reichen,
dann schau'n wir dich, du größte Liebestat.

Du Heiland Jesus, kamst aus lichten Höhen,
wie unser Bruder tratst du bei uns ein,
wir haben deine Herrlichkeit gesehen,
und deinen Wandel, fleckenlos und rein.

Verlorne Kinder knien an deiner Krippe,
von jener ersten Weihnacht an bis heut,
es klingt von armer Sünder Herz und Lippe
ein jubelnd "Halleluja!" weit und breit.

Tritt ein, du Spender aller Seligkeiten
in unser Herz und Haus, in Volk und Land,
hilf, dass wir glaubend dir den Weg bereiten,
und mit dir wandern liebend Hand in Hand.

Gib, dass wir hoffend in die Ferne blicken,
auf dich allein, dem wir zu eigen ganz:
kein irdisch Ding soll uns das Ziel verrücken,
bis wir dich schaun in deines Reiches Glanz.

Karl Stieler (1842 - 1885)
Weihnachtsglocken

O Winterwaldnacht, stumm und her,
mit deinen eisumglänzten Zweigen,
lautlos und pfadlos, schneelastschwer,-
wie ist das groß, dein stolzes Schweigen!

Es blinkt der Vollmond klar und kalt;
in tausend funkelharten Ketten
sind festgeschmiedet Berg und Wald,
nichts kann von diesem Baum erretten.

Der Vogel fällt, das Wild bricht ein,
der Quell erstarrt, die Fichten beben;
so ringt den großen Kampf ums Sein
ein tausendfaches banges Leben.

Doch in den Dörfern traut und sacht,
da läuten heut` zur Welt hinieden
die Weihnachtsglocken durch die Nacht
ihr Wunderlied - vom ew`gen Frieden.


Emil Weber (1877-1944)
Christkinds getreuer Knecht

Von grünen Tannen rings umstellt,
liegt still ein Haus am End der Welt.
Dort wohnt und haust auf seiner Art,
ein alter Mann mit langem Bart.

Wenn’s Winter wird, dann gibt’s zu tun,
nicht mal am Abend kann er ruhn.
Und wenn’s die ersten Flocken schneit,
dann schmunzelt er:“ Bald ist’s so weit!“

Und eines Abends schwebt ganz sacht,
ein Englein nieder durch die Nacht.
Es schwebt umglänzt vom goldnen Schein
aufs Häuschen zu und geht hinein.

"He, Alter“, ruft es,“ sei bereit,
Dezember ist´s und Weihnachtszeit.“
Der Alte streicht den langen Bart
und spricht, "Ich bin bereit zur Fahrt“

„Längst fertig sind die Sachen all,
der Esel wartet schon im Stall.“
Der große, graue, dick vom ruh’n,
bekommt nun tüchtig was zu tun.

Drei Säcke voll, bis zum Rand,
so geht’s hinab zum Menschenland.
Tag drauf klopfts bei euch an,
Ihr kriegt ’nen Schreck - der Weihnachtsmann.

Leon Vandersee (? - 1907)
Heilige Nacht

Wieder flammen durch die Nacht
helle Christbaumkerzen,
und ein Kinderheimweh zieht
in die Menschenherzen.

Alte, liebe, fromme Lieder
klingen nah und weit,
leise rauschen Engelsschwingen -
o du selige Zeit!

Wenn die Liebesrosen blühn
an den grünen Zweigen,
kommt Erinnrung heimlich sacht
auf beschneiten Steigen.

Bringt verlorner Kinderträume
fernes Licht zurück,
sehnsuchtsbangen, müden Seelen,
einen Strahl vom Glück.

Christnachtwunder! Duft und Glanz
säumt der Menschheit Pfade:
Sei gegrüßt, du heilige Nacht,
Weihnacht, Fest der Gnade!

*Leon Vandersee ist das Pseudonym
von Helene von Tiedemann


Friedrich Stolze (1816-1891)
Weihnachtszeit

Und zögst du tausend Meilen weit
In alle Welt hinaus,
Und kommt die liebe Weihnachtszeit,
Du wollt‘st, du wärst zu Haus!
Die Nachtigall, so süß sie singt,
Weckt Sehnsucht nicht so sehr,
Als wenn das Weihnachtsglöckchen klingt,
Von deiner Heimat her.

Da fällt dir mit dem Tannenbaum
Und mit dem Lichterschein,
Der ganze schöne, goldne Traum
Von deiner Kindheit ein.
Es wird dir so erinnrungsmild,
Die Tränen kommen schier,
Und manches liebe Menschenbild
Tritt vor die Seele dir.

Und mancher, der dir teuer war,
Und Gutes dir erzeigt,
der schläft nun auch schon manches Jahr -
Die Erde sei ihm leicht!
Und wem du in der Heimat bist
In Liebe zugetan,
Dem stecktest du zum heil‘gen Christ
gern auch ein Lämpchen an.

Und bist geschieden du im Groll,
Heut‘ tut dir‘s doppelt leid.
Und denkst nach Haus wohl wehmutsvoll,
das macht die Weihnachtszeit!
Denn bittrer ist die Fremde nicht
Als in der Weihnachtslust,
Wo du, ein unbekannt Gesicht,
Bei Seite treten musst.

Drum zögst du tausend Meilen weit
In alle Welt hinaus,
Und kommt die liebe Weihnachtszeit
du wollt‘st du wärst zu Haus!
Die Nachtigall, so süß sie singt,
Weckt Sehnsucht nicht so sehr
Als wenn das Weihnachtsglöckchen klingt
Von deiner Heimat her.

Helene Branco (1816-1894)
Weihnachtslied

In fröhlichem Bewegen
Wie regt sich weit und breit,
Auf nah' und fernen Wegen,
Die ganze Christenheit.

Ein goldnes Fest erscheinet
Im holden Weihnachtstag,
Was jung und alt vereinet;
Die Freude nur ist wach.

Nun klingt's aus allen Räumen
Von frohem Kinderspiel,
Nun blinkt's von grünen Bäumen,
Ein buntes Lichtgewühl.

Wie klopfen nun die Herzen
Der Kleinen hoch und schnell,
Und tausend Flammenkerzen
Erglühen freundlich hell.

Und all' die Herzen schlagen
Von Lieb' und Dank geschwellt,
Und all' die Kerzen sagen:
Das Heil kam in die Welt!


Marx Möller (1868-1921)
Weihnachtslied

Die Winde brausen und tosen
über Heide und See;
im Garten die Christrosen
blühn heimlich unter dem Schnee;

heimlich, wie in den Bäumen
es leise treibt und drängt;
heimlich wie süßes Träumen,
das dämmernd den Sinn umfängt,

wenn aus der Luft, der klaren,
Weihnachtsgeläute schwebt,
als hätten vor vielen Jahren
schon einmal wir gelebt, -

als hätte unsre Lippe
schon damals das alte Lied
gesungen, als vor der Krippe
wir weinend niedergekniet; -

als hätten wir selber gesehen
des Sternes leuchtendes Licht
über der Hütte stehen, -
und Mariens reines Gesicht, -

und die Strahlen, welche flirrten
um des Kindes blondlockiges Haar, -
und die Könige und die Hirten -
und der Engel jauchzende Schar.

Theodor Fontane (1819-1898)
Advent

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
aber als Knecht Ruprecht schon
kommt der Winter hergeschritten,
und alsbald aus Schnees Mitten
klingt des Schlittenglöckleins Ton.

Und was jüngst noch, fern und nah,
bunt auf uns herniedersah,
weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
und das Jahr geht auf die Neige,
und das schönste Fest ist da.

Tag du der Geburt des Herrn,
heute bist du uns noch fern,
aber Tannen, Engel, Fahnen
lassen uns den Tag schon ahnen,
und wir sehen schon den Stern.


Hermann von Lingg (1820-1905)
Weihnachtsgedicht

Für euch, o Kinder, blüht das Fest der Feste,
was bringt’s wohl diesmal? Welch ein Meer von Licht?
Könnt ihr’s erwarten? Wisst, das Allerbeste,
das habt ihr schon. Das ist’s: ihr wisst’s noch nicht.

Was wir zum Spiel, was wir zum Ernst euch geben,
als reine Freude gebt ihr’s uns zurück.
Das ist das Beste, dass es eurem Leben
noch Wahrheit ist und ungetrübtes Glück.

Noch goldne Früchte trägt an seinen Zweigen
für euch der Tannbaum, der im Wintergraun
und einsam steht im Wald mit ernstem Schweigen,
auf den die goldnen Sterne niederschaun.

Ein ganzes Jahr mit vielen, vielen Tagen
erglänzt an dieses Tages Widerschein.
Mög’ jeder Ernst euch goldne Früchte tragen
und jedes Spiel euch lehren, froh zu sein.

Paula Dehmel (1862-1918)
Weihnachtsschnee

Ihr Kinder, sperrt die Näschen auf,
Es riecht nach Weihnachtstorten;
Knecht Ruprecht steht am Himmelsherd
Und bäckt die feinsten Sorten.

Ihr Kinder, sperrt die Augen auf,
Sonst nehmt den Operngucker:
Die große Himmelsbüchse, seht,
Tut Ruprecht ganz voll Zucker.

Er streut - die Kuchen sind schon voll -
Er streut - na, das wird munter:
Er schüttelt die Büchse und streut und streut
Den ganzen Zucker runter.

Ihr Kinder sperrt die Mäulchen auf,
Schnell! Zucker schneit es heute;
Fangt auf, holt Schüsseln - ihr glaubt es nicht?
Ihr seid ungläubige Leute!


Johannes Trojan (1837-1915)
Weihnachtslied

Lieblich wieder durch die Welt
geht die holde Kunde,
die den Hirten auf dem Feld
klang aus Engelsmunde.

Was den Hirten wurde kund,
blieb uns unverloren:
wieder kündet Engelsmund,
dass uns Christ geboren.

Welch ein Glanz durchbricht die Nacht
in des Winters Mitte!
Welche Freude wird gebracht
in die ärmste Hütte!

Winters Nacht und Sorge weicht
hellen Jubel wieder,
und der Himmel wieder steigt
auf die Erde nieder.

Wenn die goldnen Sterne glüh'n
in des Himmels Ferne,
leuchten aus dem Tannengrün
auch viele goldne Sterne.

Haus an Haus mit hellem Schein
flammen auf die Kerzen,
durch die Augen fällt hinein
Licht auch in die Herzen.

Sei willkommen, Weihnachtslust,
kling empor im Liede!
Freude wohn in Menschenbrust,
auf der Erde Friede!

Rudolf Bunge (1836-1907)
Weihnachtsstimmen

Unter tiefem Schnee die Welt,
Doch im Herzen Blühn und Sprossen –
Sternenlicht vom Himmelszelt
Auf die Erde ausgegossen –
Fromme Hirten hier im Tal,
Dort des Welterlösers Krippe:
Heil'ge Nacht voll Licht und Strahl,
Feiernd grüßt dich jede Lippe!

Heil'ge Nacht, du süße Nacht,
Nacht der grünen Tannenbäume,
Wo die Engel halten Wacht
Über goldne Kinderträume,
Wo die ärmste Menschenbrust
Sich dem heil'gen Licht erschließet,
Das vom Himmel unbewusst
Weihnachtsfreuden niedergießet:

Führe du gen Bethlehem
Heute noch die frommen Hirten;
Kön'ge von Jerusalem,
Bringet Weihrauch, bringet Myrten:
Zeigt es, dass der große Streit,
Der die Menschen trennt nur Lüge,
Dass die Liebe Blumen streut
Auf des ärmsten Kindes Wiege! –

Engel grüßen euch daraus; –
Habt ihr nicht den Ruf vernommen:
»Treten in des Armen Haus«,
»Lasst die Kindlein zu euch kommen!?«
Jedes Kind ein Christuskind,
Dessen Herz noch rein vor Lüge,
Und die Hütten Bethlehems sind
Wo die Armut in der Wiege.

Drum, ihr Hirten, nehmt den Stab
Und verlasset eure Herden:
Zieht gen Bethlehem hinab:
Fried' und Freud sei auf Erden!
Denn es leuchtet hell der Stern,
Dem zu folgen euch beschieden:
Gebt die Ehre Gott dem Herrn –
Aber seiner Welt den Frieden!


Hoffmann von Fallersleben (1809-1894)
Vom Honigkuchenmann

Keine Puppe will ich haben -
Puppen gehn mich gar nichts an.
Was erfreun mich kann und laben,
ist ein Honigkuchenmann,
so ein Mann mit Leib und Kleid
durch und durch von Süßigkeit.

Stattlicher als eine Puppe
sieht ein Honigkerl sich an,
eine ganze Puppengruppe
mich nicht so erfreuen kann.
Aber seh´ich recht dich an,
dauerst du mich, lieber Mann.

Denn du bist zum Tod erkoren -
bin ich dir auch noch so gut,
ob du hast ein Bein verloren,
ob das andre weh dir tut:
Armer Honigkuchenmann,
hilft dir nichts, du musst doch dran!

Christian Morgenstern (1871-1914)
Das Weihnachtsbäumlein

Es war einmal ein Tännelein
mit braunen Kuchenherzlein
und Glitzergold und Äpflein fein
und vielen bunten Kerzlein:
Das war am Weihnachtsfest so grün
als fing es eben an zu blühn.
Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stands im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden.
Die grünen Nadeln war'n verdorrt,
die Herzlein und die Kerzlein fort.
Bis eines Tags der Gärtner kam,
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm -
Hei! Tat`s da sprühn und funkeln!
Und flammte jubelnd himmelwärts
in hundert Flämmlein an Gottes Herz.


Adelheid Humperdinck-Wette (1858-1916)
Weihnachten

Leise weht’s durch alle Lande
wie ein Gruß vom Sternenzelt,
schlinget neue Liebesbande
um die ganze weite Welt.

Jedes Herz mit starkem Triebe
ist zu Opfern froh bereit,
denn es naht das Fest der Liebe,
denn es naht die Weihnachtszeit.

Und schon hat mit tausend Sternen
sich des Himmels Glanz entfacht,
leise tönt aus Himmelsfernen
Weihgesang der heil’gen Nacht.

Hell aus jedem Fenster strahlet
wundersam des Christbaums Licht,
und der Freude Schimmer malet
sich auf jedem Angesicht.

Lichte Himmelsboten schweben
ungeseh’n von Haus zu Haus;
selig Nehmen, selig Geben
geht von ihrer Mitte aus.

O willkommen, Weihnachtsabend,
allen Menschen, groß und klein!
Friedebringend, froh und labend
mögst du allen Herzen sein!

Otto Ernst (1862-1926)
Heiliger Morgen

Von den Tannen träufelt Märchenduft;
Leise Weihnachtsglocken sind erklungen –
Blinkend fährt mein Hammer durch die Luft;
Denn ein Spielzeug zimmr‘ ich meinem Jungen.

Graue Wolken kämpfen fernen Kampf;
Blau darüber strahlt ein harter Himmel.
Durch die Nüstern stößt den weißen Dampf
Vor der Tür des Nachbars breiter Schimmel.

Kommt Herr Doktor Schlapprian daher,
Zigaretten- und Absinthvertilger!
Voll erhab’nen Hohns lächelt er,
Hirn- und lendenlahmer Abwärtspilger.

Spöttisch grüßend schlendert er dahin
Und – verachtet mich, den blöden Gimpel,
Der gefügig spannt den dumpfen Sinn
In die Enge, ein »Familiensimpel«. –

Rote Sonne überm Schneegefild:
Und das weite Feld ein Sterngewimmel!
Und ins Auge spann ich euer Bild,
Wundererde – unerforschter Himmel.

Und den frischen, kalten, klaren Tag
Saug‘ ich ein mit gierig starken Lungen –
Pfeifend trifft mein Hammer Schlag um Schlag,
Und ein Spielzeug zimmr‘ ich meinem Jungen.


Ernst Rauscher von Stainberg (1834-1919)
Weihnachtslied

Mir klingt ein Lied in Ohren
aus uralt heil’ger Nacht:
Ein Kindlein ward geboren,
das hat uns Heil gebracht!

Trüb durch den Nebel flimmern
die Sterne allzumal –
doch hell und heller schimmern
die Lichter drin im Saal.

Da quillt und wogt entgegen –
wenn silbern die Glocke ruft –
wie aus des Wald’s Gehegen
lebendig warmer Duft.

Da grünt zu holdem Troste
des Lebens Unterpfand –
ob auch im Todesfroste
erstarrt das ganze Land.

Da wandelt ein Beglücken
von Hand zu Hand, da sprüht
ein strahlendes Entzücken
im Auge und Gemüt!

Ja! dem Beglückungstriebe,
o schöne Weihnachtszeit,
hat dich die ew’ge Liebe
zu allererst geweiht!

Mir klingt ein Lied in Ohren
uralter Zaubermacht:
Es ward das Licht geboren!
Es schwand die längste Nacht!

Ernst Moritz Arndt (1769-1860)
Der Weihnachtsbaum

Steht er da der Weihnachtsbaum
Wie ein bunter goldner Traum,
Spiegelt Unschuldkinderglück,
All sein Paradies zurück.

Und wir schau'n und denken dann,
Wie uns heut das Heil begann,
Wie das Kindlein Jesus Christ
Heut zur Welt geboren ist;

Wie das Kind von Himmelsart
Lag auf Stroh und Halmen hart,
Wie der Menschheit Hort und Trost
Erdenelend hat erlost.

Also steh'n und schauen wir
Gottes Lust und Gnade hier:
Was uns in dem Kindlein zart
Alles heut geboren ward.

Blüh' denn, leuchte, goldner Baum,
Erdentraum und Himmelstraum,
Blüh' und leucht' in Ewigkeit
Durch die arme Zeitlichkeit!

Sei uns Bild und sei uns Schein,
Daß wir sollen fröhlich sein,
Fröhlich durch den süßen Christ,
Der des Lebens Leuchte ist.

Sei uns Bild und sei uns Schein,
Daß wir sollen tapfer sein
Auf des Lebens Pilgerbahn,
Kämpfend gegen Lug und Wahn.

Sei uns Bild und sei uns Schein,
Daß wir sollen heilig sein,
Rein wie Licht und himmelklar,
Wie das Kindlein Jesus war.


Richard Dehmel (1863-1920)
Weihnachtsglocken

Tauchet, heil'ge Klänge, wieder
ganz in meinen Glauben mich!
Quellet, quellt, ihr alten Lieder:
füllet ganz mit Reinheit mich!

Daß ich in die Kniee fallen,
Ein Mal wieder beten kann,
Ein Mal wie ein Kind noch lallen
und die Hände falten kann!

Denn ich fühl's: die Liebe lebet,
die in Ihm geboren worden,
ob sie gleich in Rätseln schwebet,
ob gleich Er gekreuzigt worden;

denn ich sehe fromm sie werden –
heute, Ewig fromm – die Menschen,
wenn es klinget: Fried' auf Erden
und ein Wohlgefall'n den Menschen!

Karl Ernst Knodt (1856-1917)
Die Weihnachtsglocken

Wie tönen heut' die Weihnachtsglocken
Viel voller übers weiße Land,
So voll und weit, als gäb's kein Stocken
An irgend einer Felsenwand.

Als wär' die ganze weite Erde
Ein unbegrenztes, großes Meer –
Und drüber brauste neu ein „Werde“
Mit welterlösenden Lauten her.

Ein Liebeston lebt in den Klängen,
Den nur das Kinderohr versteht,
Ein Ton aus himmlischen Gesängen,
Wie Er die Welt einmal umweht

Im ganzen Jahr, – ein Engelreigen,
Wie er um Gottes Thron erklingt.
Erwach', o Welt, dich neu zu neigen
Dem Heiland, der den Frieden bringt!


Gustav Falke (1853-1916)
Die Weihnachtsbäume

Nun kommen die Weihnachtsbäume
aus dem Wald in die Stadt herein.
Träumen sie ihre Waldesträume
wieder beim Laternenschein?

Könnten sie sprechen! Die holden Geschichten
von der Waldfrau, die Märchen webt,
was wir uns alles erst erdichten,
sie haben das alles wirklich erlebt.

Da stehn sie nun an den Straßen und schauen
wunderlich und fremd darein,
als ob sie der Zukunft nicht recht trauen,
es muß doch was im Werke sein.

Freilich, wenn sie dann in den Stuben
im Schmuck der hellen Kerzen stehn,
und den kleinen Mädchen und Buben
in die glänzenden Augen sehn,

dann ist ihnen auf einmal, als hätte
ihnen das alles schon mal geträumt,
als sie noch im Wurzelbette
den stillen Waldweg eingesäumt.

Dann stehen sie da, so still und selig,
als wäre ihr heimlichstes Wünschen erfüllt,
als hätte sich ihnen doch allmählich
ihres Lebens Sinn enthüllt:

als wären sie für Konfekt und Lichter
vorherbestimmt, und es müßte so sein,
und ihre spitzen Nadelgesichter
sehen ganz verklärt darein.

Emanuel Geibel (1815-1884)
Weihnacht

Wie bewegt mich wundersam
Euer Hall, ihr Weihnachtsglocken,
Die ihr kündet mit Frohlocken,
Dass zur Welt die Gnade kam.

Überm Hause schien der Stern,
Und in Lilien stand die Krippe,
Wo der Engel reine Lippe
Hosianna sang dem Herrn.

Herz, und was geschah vordem,
Dir zum Heil erneut sich's heute:
Dies gedämpfte Festgeläute
Ruft auch dich nach Bethlehem.

Mit den Hirten darfst du ziehn,
Mit den Königen aus Osten
Und in ihrer Schar getrosten
Muts vor deinem Heiland knien.

Hast du Gold nicht und Rubin,
Weihrauch nicht und Myrrhenblüte:
Schütt' aus innerstem Gemüte
Deine Sehnsucht vor ihm hin!

Sieh, die Händchen zart und lind
Streckt er aus, zum Born der Gnaden,
Die da Kinder sind, zu laden,
Komm! Und sei auch du ein Kind!


Victor Blüthgen (1844-1920)
Nun wandelt auf verschneiten Wegen

Nun wandelt auf verschneiten Wegen
die Friedensbotschaft durch die Welt,
aus Ewigkeit ein lichter Segen
in das Gewühl des Tages fällt.
Schon blinkt die Nacht, die Glocken schwingen,
und willig macht die Menschheit halt,
das wilde Drängen, Hasten, Ringen
entschläft, der wüste Lärm verschallt.

Ein Opferduft aus Tannenzweigen,
ein Wunderbaum mit Sternenpracht,
und um den Baum ein Jubelreigen –
das ist das Fest, von Gott gemacht.
O holder Traum, laß dich genießen:
daß alles glücklich, gut und fromm!
Dann mag die Seligkeit zerfließen,
der alte Kampfplatz winken: Komm!

Anna Ritter (1865-1921)
Weihnacht

Wie am Baum die Lichter prangen –
schöner war das Christfest nie!
Heiß erglüh'n der Kinder Wangen,
und ihr Mund singt unbewusst
mitten in der Weihnachtslust
eine süße Melodie,
wie sie schon der Ahn gesungen,
als er selbst im Lockenhaar
um den Lichterbaum gesprungen.

Leise schwindet Jahr für Jahr ...
Schaukelpferd und Hampelmann
wandelt die Zerstörung an,
und das Bilderbuch, das heute
euer Kinderherz erfreute,
wird dereinst zerrissen sein.
Aus der Schar der kleinen Leute
werden Männer, werden Frauen,
die ihr eignes Nestchen bauen.

Gestern wird, was heute war,
aber bleiben immerdar
wird der Christnacht heller Schein,
wird der Klang der Weihnachtsglocken,
Kinderjubel und Frohlocken!

Albert Sergel (1876-1946)
Ein Tännlein aus dem Walde

Ein Tännlein aus dem Walde,
und sei es noch so klein,
mit seinen grünen Zweigen
soll unsre Freude sein!

Es stand in Schnee und Eise
in klarer Wintersluft;
nun bringt's in unsre Stuben
den frischen Waldesduft.

Wir wollen schön es schmücken
mit Stern und Flittergold,
mit Äpfeln und mit Nüssen
und Lichtlein wunderhold.

Und sinkt die Weihnacht nieder,
dann gibt es lichten Schein,
das leuchtet Alt und Jungen
ins Herz hinein.

Karl von Gerok (1815-1890)
Am heiligen Abend

O heiliger Abend,
mit Sternen besät,
wie lieblich und labend
dein Hauch mich umweht!
Vom Kindergetümmel,
vom Lichtergewimmel
aufschau ich zum Himmel
in leisem Gebet.

Da funkelt von Sternen
ein himmlischer Baum,
da jauchzt es im fernen,
ätherischen Raum;
da lassen die Sphären
in seligen Chören
glückwünschend sich hören;
mir klingt's wie im Traum.

Es führet mit Feuer
Orion den Chor,
die himmlische Leier
tönt golden hervor;
dann folgen mit Schalle
die Sternelein alle;
dem lieblichsten Halle
lauscht selig mein Ohr:

»O Erde, du kleine,
du dämmernder Stern,
doch gleichet dir keine
der Welten von fern!
So schmählich verloren,
so selig erkoren,
auf dir ist geboren
die Klarheit des Herrn!«

»Wir wandeln da oben
im ewigen Licht,
den Schöpfer zu loben
ist selige Pflicht;
wir wallen und wohnen
seit vielen Äonen
und himmlischen Thronen
und sündigen nicht.«

»Wir funkeln im alten
urewigen Glanz,
du hast nicht behalten
den himmlischen Kranz;
doch neu dich zu heben
vom Tode zu Leben,
hat dir sich ergeben
der Ewige ganz!«

»Wir kennen nicht Tränen,
nicht Tod und nicht Grab,
doch ziehet ein Sehnen
zu dir uns hinab,
wo liebend gelitten,
wo segnend geschritten
durch niedrige Hütten
dein göttlicher Knab'.«

»Du unter den Welten
wie Bethlehem klein,
in himmlischen Zelten
gedenket man dein.«
So klangen die Lieder
der Sterne hernieder,
da freut ich mich wieder,
von Erde zu sein.


Johannes Trojan (1837-1915)
Wer tut´s?

Die Bäume fangen an zu wandern.
Das muss wohl Weihnachtszauber sein!
Ein Tannenbäumchen nach dem andern
kam in das große Haus hinein.

Das hab ich staunend wahrgenommen
und hab die Bäumchen all gezählt.
Ich weiß, wie viel ins Haus gekommen
und weiß, dass jetzt noch eines fehlt.

Ja, dieses eine fehlt noch heute,
obgleich das Fest schon gar so nah.
Ich glaub, hoch unterm Dach die Leute,
für die ist noch kein Bäumchen da.

Doch auf dem Markte steht noch eines –
ich sah es im Vorübergehn –
ein Tannenbäumchen, nur ein kleines,
doch gar nicht übel anzusehn.

Es kann nicht von der Stelle rücken
und käme gern doch an den Mann.
Wollt einer kaufen es und schmücken,
dem sagt ich, wer es brauchen kann!

Und käm es dann zum ärmsten Manne,
wie viele Freude rief es wach!
Wer kauft und schmückt die kleine Tanne
und trägt hinauf sie unters Dach?

 

Johann Nepomuk Vogl (1802-1866)
Weihnachtsglocken

Hörst du, wie die Glocken klingen?
Hörst du rings der Lieder Pracht?
Wieder kommt auf Engels Schwingen
ernst und still die „Heilge Nacht“.

Auf die frosterstarrten Wälder,
auf der Heide ödes Grab,
auf die Städte, auf die Felder
sinkt es wie ein Lenz herab.

Denn die Liebe ward geboren,
um zu sühnen jede Schuld;
alle, selbst die sie verloren,
nimmt sie auf mit gleicher Huld.

Komm o komm zu uns hernieder,
lang erwartet Gotteskind!
Gib uns Mut und Tröstung wieder,
die uns lang entschwunden sind.


*Quelle: www.mumag.de/gedichte


Ludwig Anzengruber (1839 - 1889)
Weihnacht

Ob hoch, ob nieder wir geboren,
so wie uns antritt das Geschick,
so geht der frohe Kindesblick,
das Kinderherz geht uns verloren.

Zerstoben bis auf wenige Reste
ist der Erinnerung Gewalt,
abwägend stehen wir und kalt
selbst vor des Jahres schönstem Feste.

Wir stehn vor einem toten Baume,
gemordet an des Waldes Rand,
geschmückt mit Flitter und mit Tand,
gar ungleich unserm Kindheitstraume,

Doch stürzet dann herein zur Schwelle
die kleine schar mit Jubelschrei,
dann schleicht auch uns in Herz dabei
der Weihnachtslieder frohe Helle.

Dem allen, was mit scharfem Sinnen
du an den Dingen dir erschließt
und was du wägst und zählst und misst,
dem läßt kein Glück sich abgewinnen!

Drum laß das Kritteln und Verneinen,
und lautern Herzens sei bereit,
zur frohen sel´gen Weihnachtszeit
dem Kinderjubel dich zu einen.

Erfasse ganz des Glaubens Fülle,
der deine Kindheit einst durchweht,
vom Gott, der hilfbereit entsteht,
in armer, dürft´ger Menschenhülle.

Der Heiland wallt allzeit auf Erden,
das glaube felsenfest und treu,
nur freilich muß er stets aufs neu
in jeder Brust geboren werden.


*Quelle: www.
zgedichte.de/gedichte

Kurt Tucholsky (1890-1935)
Weihnachten

So steh ich nun vor deutschen Trümmern
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Ich brauch mich nicht mehr drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Die ist den andern. Uns die Klage.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
die Weise meiner Jugendtage:
O Tannebaum!

Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre
und käm in dies Brimborium
– bei Deutschen fruchtet keine Lehre –
weiß Gott! ich kehrte wieder um.
Das letzte Brotkorn geht zur Neige.
Die Gasse gröhlt. Sie schlagen Schaum.
Ich hing sie gern in deine Zweige,
o Tannebaum!

Ich starre in die Knisterkerzen:
Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen?
uns Deutsche mit der Lammsgeduld?
Die leiden nicht. Die warten bieder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, den Kastendünkel nieder!
Glaub diesen Burschen nie, nie wieder!
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
O Tannebaum! O Tannebaum!


Karl Rudolf Hagenbach (1801-1874)
Der Christbaum

Ein schmuckes Bäumlein grünet heute
Im Kinderstübchen armer Leute,
Wie in des reichen Mannes Haus,
Die Früchte sind für all' die gleichen,
Den Jungen, Alten, Armen, Reichen
Trägt dieses Bäumlein gleich viel aus.

Es wurzelt tief im Kindesglauben,
Und wolltet ihr ihm diesen rauben,
Verdorren müßte bald das Reis,
Der jungen Pflanze zarte Triebe,
Sie wirken durch die reine Liebe,
Die nur von Dank und Freude weiß.

Drum sind die allerkleinsten Gaben
Für die, so Lieb' und Glauben haben
Am Weihnachtstag vertausendfacht;
Wo Kindesglaub' und Liebe fehlen,
Da mag kein Flitter es verhehlen,
Kahl sei der Baum und selbstgemacht.

Robert Reinick (1805-1852)
Der Weihnachtsbaum

Juchheissassa, Juchheissa!
Wir bringen ihn gebracht
Den Christbaum, den Tannenbaum
Der Alles lustig macht! –

Du armer, armer Tannenbaum,
Wie war dir draußen weh!
Du strecktest deine Arme aus
Und trugst doch nichts als Schnee! –

So sag‘ uns doch, du schmucker Baum.
Was wirst du morgen tragen! –
Hoho! so darf man Narren wohl,
Doch keinen Christbaum fragen. –

Juchheissassa, Juchheissa!
Wie ist der Schnee so weiß,
Wie grün ist doch der Tannenbaum!
Der weiß schon, was er weiß!

-
*Quelle: https://gedichte.xbib.de/


Ernst Wiechert (1887-1950)
Advent

Ins frühe Dunkel sinken nun die Tage,
die toten Städte fallen in die Nacht,
und Kinder siehst du an den Trümmern kauern,
und kranke Tiere an geborstnen Mauern,
und niemand noch hat ihnen Brot gebracht.

Und doch siehst manchmal du ein Licht erstrahlen,
ganz weit, wie aus zersprungnem Kirchentor,
und ferne Orgeln hörst wie Sturm du dröhnen,
und Gläubige, die aus der Tiefe stöhnen,
und dann erstirbt's wie ein verschollner Chor.

Und manchmal siehst du auf verschneiten Feldern
der Engel Silberfüße vor dir gehn,
und siehst ein Licht vor ihren weißen Flügeln,
und siehst es löschen hinter dunklen Hügeln,
und ist doch immer, immer noch zu sehn.

Dann stehst du still, im Herzen tief erschrocken,
wie du als Kind erschrakst beim Sakrament,
und aus dem Dunkel deiner Erdenzeiten
fühlst kindlich du dich deine Hände breiten
nach Licht und Stern und heiligem Advent.

Sigmund Schott (1818-1895)
Weihnachtsabend

Neblig sinkt der Abend nieder.
Auf dem Kirchhof hin und wieder
Irr' ich, wie unruhig Laub,
Fragend bei so manchem Hügel,
Ob der Seele wuchsen Flügel,
Ob sie drunten liegt als Staub.

Ein paar Lichtlein seh' ich scheinen:
Auf dem Grabe ihres Kleinen
Hat den grünen Weihnachtbaum
Eine Mutter dort gegründet
Und die Kerzchen angezündet,
Träumt ihn nach, den süßen Traum.

Still, o still, sie nicht zu stören!
Jene Hauche mag sie hören,
Die, unmerkbar dem Verstand,
Plötzlich durch der Seele Saiten,
Tönend Licht von oben, gleiten,
Leuchtend in ein fremdes Land.


Hanns von Gumppenberg (1866-1928)
Christbaumnüsse

Kehrt der Weihnachtsabend wieder,
Friedvoll und verheißungshold,
Schmückt man viele tauben Nüsse
Festlich mit dem Flittergold.

Und die goldnen Nüsse leuchten
Herrlich in dem Lichtermeer,
Wundersame Märchenfrüchte -
Innen aber sind sie leer.

Und wie reich die schönen schimmern
So von außen, so von fern,
Höher wären sie zu schätzen,
Bärgen sie den süßen Kern:

Dienten sie nicht blos den Träumen
Eine Stunde oder zwei,
Gäben sie auch brav zu zehren,
Wenn das Friedensfest vorbei.

*Quelle: zgedichte.de

Hanns von Gumppenberg (1866-1928)
Bescherung

Hei, wie das trippelt und tastet und späht,
Aufgreift und mustert in fiebernder Eile,
Bis dann ein jedes Menschlein steht
Stolz überschauend vor seinem Teile!

Und von der Beute, der bunten, entzückt
Jauchzen die kleinen Herren und Damen:
Aber am meisten sind sie beglückt,
Weil sie auch alle gleich viel bekamen!

Freut euch nur wacker im zaubrischen Bann
Silberumwobenen, strahlenden Baumes -
Lustig und hell, solange sie kann,
Leuchte die Liebe des Gleichheitstraumes!

Noch beschenkt euch das Christkind ja,
Jedem dasselbe Plaisier zu bereiten -
Später beschert euch der Himmelpapa,
Und der hat seine Eigenheiten.

*Quelle: zgedichte.de


Heinrich Federer (1866-1928)
Ans Christkind

Warum bist Du auf diese Welt,
O Kind, so klein gekommen?
Hast nicht als wie ein großer Held
Ein gülden Schwert genommen?
Warum in Windeln und in Stroh
Lässt Du so klein Dich betten?
Ist das denn besser, schöner so,
Als Samt und Perlenketten?

O kämest Du wohl hoch zu Ross
Auf Schimmel oder Rappen
In einem sonnenhellen Tross
Von Rittern und von Knappen:
Dann beugten sich wohl tief vor Dir
Die allersteifsten Rücken.
Doch so ein Kind? — Ich zweifle schier,
Ob sie noch gern sich bücken.

Als sesselhohes Büblein hab'
Ich mich umsonst beraten;
Nun bin ich schon ein kluger Knab'
Und hab' es, glaub', erraten.
Denn kämest Du in Glanz daher,
Ein König oder Kaiser,
Ach, das erschreckte uns gar sehr,
Da kommst Du lieber leiser.

Da kommst Du lieber klein und schwach
In einem dünnen Windlein
Und kaum beschirmt vom Hüttendach,
Fast wie ein Bettelkindlein,
Dass sich der allerärmste Mann
Dir nahe ohne Zaudern,
Und dass das dümmste Bübchen kann
Mit Dir vom Himmel plaudern.

Und darum kommst Du wie ein Kind,
Dass auch die großen Leute,
Die hoch und stolz wie Bäume sind,
Zum Kinde werden heute.
Ja, jeder werde unschuldvoll
Wie in den ersten Jahren,
Beim neugebornen Heiland soll
Er Neugeburt erfahren.

Und fürchte keiner, dass er klein
Und schwach fürs Leben werde.
Hat nicht das Christkind ganz allein
Besiegt ringsum die Erde? —
O Heiland in Mariens Schoß,
Heut lehre uns erkennen,
Dass nichts so heilig ist und groß,
Als sich Dein Kind zu nennen!

Alice Freiin von Gaudy (1863-1929)
Weihnachtslegende

In heiliger Nacht flogen Hand in Hand
drei Englein hinab in das jüdische Land.

Sie wollten die seligste aller Frau´n
und das göttliche Kind in der Krippe schaun.

Der Stern von Bethlehem war noch wach
und strahlte mild auf das flache Dach.

Sie suchten die Pforte und fanden sie bald
uns lugten wechselnd durch heimlichen Spalt.

Sie riefen und baten und klopften ganz sacht,
bis Joseph behutsam aufgemacht.

Im Stall war es dämmrig. Sie schwebten heran
und schauten den schlummernden Heiland an.

Der eine hob hoch die Ampel empor
und breitete schattend sein Flüglein davor.

Der zweite schob sanft in des Kindleins Hand
ein Sternlein, gefunden am Himmelsrand.

Der dritte hat fromm vor der Krippe gekniet
und sang mit süßer Stimme ein Lied.

Da zog ein Lächeln, göttlich und licht,
über des himmlischen Kindes Gesicht.

Für alle Zukunft hat es geweiht
die Feier der heiligen Weihnachtszeit.

Die strahlende Leuchte, den Weihnachtsstern
und das fromme Lied zum Preise des Herrn.

*Quelle: gedichte.xbib.de


Julius Sturm 1816 - 1896
Freundliche Mahnung

Die Vöglein hocken auf dem Ast
So traurig;
Sie zwitschern leis‘, doch ohne Rast;
„Wie schaurig!
O Winterzeit, o bittres Weh!
Nur scharfer Wind und Frost und Schnee,
Und ach! kein Körnlein Futter!“

Der Arme seufzt im Kämmerlein
Am Morgen:
„Nun häufen sich tagaus und ein
Die Sorgen!
O Winterzeit, o bittres Leid!
Kein Spänlein Holz, kein warmes Kleid
Und ach! das Brot so teuer!“

Da jubeln Kinderstimmen hell:
„Frohlocken!
Wie tanzen in dem Wind so schnell
Die Flocken!
Frau Holle schüttelt Flaum auf Flaum;
Bald wird der grüne Tannenbaum
In Gold und Licht uns glänzen.“

O fasse Mut, du armer Mann,
Zu dienen.
Ist er, der helfen will und kann,
Erschienen.
Er lässt zu seines Vaters Ruhm
Der Liebe Evangelium
Der ganzen Welt verkünden.

Und ihr, die reichlich Gott bedacht
Mit Gütern,
Vergesst nicht, dass er uns gemacht
Zu Brüdern!
O gebt der heil’gen Liebe Raum,
Dass heller als der Weihnachtsbaum
Ihr Licht in euch erglänze.

Gedenkt in dieser Freudenzeit
Der Armen,
Und übt in Lieb‘ und Freundlichkeit
Erbarmen,
Dass auch in Hütten nah und fern
Von alt und jung zum Preis des Herrn
Der Freude Lied ertöne.

Julius Sturm 1816 - 1896
Weihnacht

Es sangen himmlische Heere
In heilig stiller Nacht:
Gott in der Höh‘ sei Ehre,
Sei Lob und Ehr‘ gebracht.

Und Friede sei mit allen
Auf Erden weit und breit,
Der Mensch ein Wohlgefallen
Dem Herrn der Herrlichkeit,

So klang es über der Erde
In der geweihten Nacht,
Wo bei der schlafenden Herde
Die frommen Hirten gewacht.

Das Lied aus Engelmunde
Erklungen vom Himmelszelt,
Es klingt bis diese Stunde
Noch durch die weite Welt.

Der Heiland ward geboren,
Des‘ freue sich groß und klein,
Wir waren alle verloren
Und sollen nun selig sein.

Julius Sturm 1816 - 1896
Weihnachtslied

Sel’ge Stunde,
Frohe Kunde,
Die Gott aller Welt gebracht!
Süßes Klingen,
Engel singen
Feiernd‘ durch die heil’ge Nacht.

Aus der Ferne
Winken Sterne
Uns nach Bethlehem hinab;
Lasst und sehen,
Was geschehen,
Gürtet euch und greift zum Stab!

Eingetreten
Lasst uns beten,
Wo mit Gnade Gott uns krönt
In dem Einen
Einzig Reinen,
Der die Welt mit ihm versöhnt.


Johannes Brassel 1848 - 1916
Weihnachtslied

Leise ob der Erde Fluren
Wie ein leuchtend Diadem
Zieht ein Stern die gold'nen Spuren
Bis zum kleinen Bethlehem.

Und ein Strahl der ew'gen Wahrheit
Sinkt vom Himmel auf die Welt,
Der mit wundersamer Klarheit
Armer Hirten Nacht erhellt.

Heil'ge Nacht! Ein lieblich Rauschen
Weht durchs unbegrenzte All.
Müde Menschenherzen lauschen
Jenen Klängen überm Stall.

Frieden, süßen Frieden kündet
Himmelher die Engelschar,
Und der Liebe Macht verbindet,
Was getrennt hienieden war.

Heil'ge Nacht, dein Lichtgefunkel
Strahle durch der Erde Nacht,
Daß dem Aermsten in dem Dunkel
Seines Leid's die Liebe lacht!

Gehe auf mit deinem Glanze
In den Herzen nah und fern,
Reinstes Licht im Himmelskranze,
Du, o holder Weihnachtsstern!

Johannes Brassel 1848 - 1916
Friede auf Erden

Wie ist die Welt so kalt!
Schneelast drückt schwer
Auf der Tanne Geäst,
Und traurig und sanglos
Kauern auf blattlosem Zweig
Hungernde Vögel.

So liegt auf den Völkern
Schneeschwer die eiserne Hand
Des Kriegsgottes, dem mehr wir opfern,
Als unsern Waisen und Armen,
Und traurig schaut das Auge
Ueber die Winterwelt der Menschheit.

Da horch! Wie Engelstimmen
Klingt aus dem hellen Kirchlein
Der Kinder Jubelchor:
Friede auf Erden!
Mir ziehts durch die Seele, als müßte
Der Frühling über die Völker kommen,
Der Frühling des Friedens.


Gustav Schüler 1868 - 1938
Weihnachtsfülle

Freude schlägt die breiten Brücken,
Kinderaugen sind voll Licht.
Wie sich innigstes Entzücken
Hin durch alle Fernen flicht!

Alle Häuser tönen wieder,
Alle Hütten mühn sich mit,
Funkelgoldige Weihnachtslieder
Blühn und ziehn auf Schritt und Tritt.

Lichtbeschüttet sind die Bäume,
Flittergold- und gabenschwer,
Blitzend schreiten selige Träume
Aus den Tannenästen her. –

Weihnachtsduft nimmt dich gefangen,
Ferne Jugend kommt herbei,
Lieblich über welke Wangen
Kost ein toter Jugendmai.

Alfred Karl Röttger 1877 - 1942
Advent

Wieder sieht man in den frühen
Abenden die Lichter blühen
Straßenhin ... Und wieder funkeln
Bunte Wunder in das Dunkel.

Wieder träumt viel Kinderhoffen
Vor den Fenstern ... Leise Stimmen
Flüstern; in der Dämm’rung glimmen
Augen groß ... und sehn den Himmel offen.

Sel’gen Kinderglücks. Voll Warten sind die Tage
Und die Abende vorm Schlafengehn –
Wohl im Schlaf und Traum der Nächt sehn
Sie erfüllt schon ihres Sehnens Frage;

Schon erfüllt im Traum des Traums Verlangen,
Sehen: wie das Wunder schon geschah –
Christkind kommt weiß durch die Nacht gegangen
Und - ist da ...

*Quelle: www.weihnachtsgedichte.biz/adventsgedichte


Eva von Tiele Winckler 1866 - 1930
Advent

Es zieht ein süßer Tannenduft
durch die geschmückten Räume;
es weht die kalte Winterluft
um grüne Weihnachtsbäume.

Schon glänzt des Lichtleins heller Schein
auf dunklem Tannengrunde -
Advent! Die Weihnachtszeit zieht ein
in stiller Abendstunde.

O Erde, wie wird dir so wohl!
Denn bald wird Der erscheinen,
der dir ein König werden soll;
dann stillt Er all dein Weinen.

Einst kam Er in der heil´gen Nacht,
ein Kindlein, um zu sterben,
bald kommt Er in der Himmelspracht,
um Davids Reich zu erben.

Ihm zünden wir die Lichter an
auf grünen Tannenzweigen,
bis wir vor Seinem Zepter dann
anbetend froh uns neigen.

Albert Sergel 1876 - 1946
Vor Weihnachten

Heimliche Zeit,
wenn es draußen friert und schneit
und der Christ ist nicht mehr weit!

Wie’s tuschelt in den entferntesten Ecken,
kichert und lacht!
Überall Bepacktsein, Verstecken;
Hoffen und Wünschen webt feiernd durchs Zimmer:
ein Heinzelmannwirken im Lampenschimmer.

Mich deucht, ich sah einen güldenenen Schein:
Guckt da nicht Sankt Niklas zum Fenster herein?
Glocken erklingen in weiter Ferne.
Bratapfelduft aus dem Ofen quoll.

Am nachtklaren Himmel schimmern die Sterne verheißungsvoll.
Und schauen das Treiben und freuen sich mit
bei der eilenden Menschen frohklingendem Schritt.

Friedvolles Hasten weit und breit:
Weihnachten ist nahe! O heimlich Zeit!


Max  von Schenkendorf 1783 - 1817
Die Tage sind so dunkel

Die Tage sind so dunkel,
die Nächte lang und kalt.
Doch übet Sterngefunkel
noch über uns Gewalt.

Und sehen wir es scheinen
Aus weiter, weiter Fern',
So denken wir, die Seinen,
Der Zukunft unsres Herrn.

Er war einmal erschienen
In ferner sel'ger Zeit,
Da waren, ihm zu dienen,
Die Weisen gleich bereit.

Der Lenz ist fortgezogen,
Der Sommer ist entflohn:
Doch fließen warme Wogen,
Doch klingt ein Liebeston.

Es rinnt aus Jesu Herzen,
Es spricht aus Jesu Mund,
Ein Quell der Lust und Schmerzen,
Wie damals, noch zur Stund'.

Wir wollen nach Dir blicken,
Du Licht das ewig brennt.
Wir wollen uns beschicken,
zum seligen Advent.

Emil Peschkau 1856 - 1930
Christnacht

Die Nacht ist trüb und kein Sternlein blitzt.
Ein Bettelkind auf der Straße sitzt
Und faltet die mageren Hände:
"O komm du liebes Christkindelein,
Und sollt' es ein Stückchen Brotes nur sein —
Wie dankt' ich freudig die Spende!"
Kalt bläst ihm der Sturm den Schnee in's Gesicht
Das Christkind hört wohl, doch immer nicht.

Im Zimmer droben behaglich warm,
Da weilt ein fröhlicher Kinderschwarm
Und Eines faltet die Hände:
"O komm du liebes Christkindelein,
Und bring' uns Zucker und Spielwerk fein."
Und kaum noch ist es zu Ende,
Da zeigt sich der Christbaum in Schmuck und Licht
Das Christkind hört wohl, doch immer nicht.

Heinrich Seidel 1842 - 1906
Der kleine Nimmersatt

Ich wünsche mir ein Schaukelpferd,
’ne Festung und Soldaten
Und eine Rüstung und ein Schwert,
Wie sie die Ritter hatten.

Drei Märchenbücher wünsch’ ich mir
Und Farbe auch zum Malen
Und Bilderbogen und Papier
Und Gold- und Silberschalen.

Ein Domino, ein Lottospiel,
Ein Kasperletheater,
Auch einen neuen Pinselstiel
Vergiss nicht, lieber Vater!

Ein Zelt und sechs Kanonen dann
Und einen neuen Wagen
Und ein Geschirr mit Schellen dran,
Bei’m Pferdespiel zu tragen.

Ein Perspektiv, ein Zootrop,
’ne magische Laterne,
Ein Brennglas, ein Kaleidoskop
Dies Alles hätt’ ich gerne.

Mir fehlt - ihr wisst es sicherlich -
Gar sehr ein neuer Schlitten,
Und auch um Schlittschuh’ möchte ich
Noch ganz besonders bitten.

Um weisse Tiere auch von Holz
Und farbige von Pappe,
Um einen Helm mit Federn stolz
Und eine Flechtemappe.

Auch einen grossen Tannenbaum,
Dran hundert Lichter glänzen,
Mit Marzipan und Zuckerschaum
Und Schokoladenkränzen.

Doch dünkt dies Alles euch zu viel,
Und wollt ihr daraus wählen,
So könnte wohl der Pinselstiel
Und auch die Mappe fehlen.

Als Hänschen so gesprochen hat,
Sieht man die Eltern lachen:
"Was willst du, kleiner Nimmersatt,
Mit all den vielen Sachen?

"Wer soviel wünscht" - der Vater spricht’s -
"Bekommt auch nicht ein Achtel -
Der kriegt ein ganz klein wenig Nichts
In einer Dreierschachtel."


Friedrich Wilhelm Kritzinger 1816 - 1890
Es ist Advent

Die Blumen sind verblüht im Tal,
die Vöglein heimgezogen;
Der Himmel schwebt so grau und fahl,
es brausen kalte Wogen.
Und doch nicht Leid im Herzen brennt:
Es ist Advent!

Es zieht ein Hoffen durch die Welt,
ein starkes, frohes Hoffen;
das schließet auf der Armen Zelt
und macht Paläste offen;
das kleinste Kind die Ursach kennt:
Es ist Advent!

Advent, Advent, du Lerchensang
von Weihnachts Frühlingstunde!
Advent, Advent, du Glockenklang
vom neuen Gnadenbunde!
Du Morgenstrahl von Gott gesendt!
Es ist Advent!

Ottokar Kernstock 1848 - 1928
In der Christnacht

Ein Bettelkind schleicht durch die Gassen -
Der Markt läßt seine Wunder seh’n:
Lichtbäumchen, Spielzeug, bunte Massen.
Das Kind blieb traumverloren steh’n.

Aufseufzt die Brust, die leidgepreßte,
Die Wimpern sinken tränenschwer.
Ein freudlos Kind am Weihnachtsfeste -
Ich weiß kein Leid, das tiefer wär’.

Im Prunksaal gleißt beim Kerzenscheine
Der Gaben köstliches Gemisch,
Und eine reichgeputzte Kleinde
Streicht gähnend um den Weihnachtstisch.

Das Schönste hat sie längst, das Beste,
Ihr Herz ist satt und wünscht nichts mehr.
Ein freudlos Kind am Weihnachtsfeste -
Ich weiß kein Leid, das tiefer wär’.

Doch gält’s in Wahrheit zu entscheiden,
Wer des Erbarmens Preis verdient -
Ich spräch’: Das ärmste von euch beiden
Bist du, du armes reiches Kind!